
23.09.2025 | Redaktion Forum Winterthur
Winterthurs Budget 2026: Buchgewinne, Perspektivenlosigkeit und der Weg ins Defizit
Winterthur feiert einen Budgetüberschuss von über 100 Millionen Franken – doch statt Jubel gibt es Kopfschütteln. Denn was nach einem Erfolg aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Fata Morgana. Hinter den glänzenden Zahlen lauern strukturelle Defizite, explodierende Kosten und ein Finanzkurs, der die Stadt geradewegs ins Minus führt – eine Einschätzung, die FDP, Mitte/EDU und SVP teilen.
Winterthur präsentiert ein Budget mit einem satten Überschuss von 113,8 Millionen Franken. Das klingt gut – doch der Schein trügt. Der positive Saldo ist aber lediglich das Ergebnis der Aufwertung von Liegenschaften im Finanzvermögen. Ohne diese Neubewertungen stünde die Stadt vor einem betrieblichen Verlust von 26 Millionen Franken, bei weiterhin steigenden Personalkosten und geplanten 75 neuen Vollzeitstellen. Bereits 2025 hatte der Stadtrat einen Betriebsverlust von 7 Millionen Franken geplant, der nur durch eine pauschale Budgetkürzung des Parlaments auf Null gebracht werden konnte.
Die bürgerlichen Fraktionen sehen deshalb wenig Grund zur Freude. Denn während die Stadtkasse 2026 auf dem Papier voll wirkt, schreiben die Prognosen ab 2027 tiefrote Zahlen – insgesamt fast 150 Millionen Defizit in nur drei Jahren. Klar ist: Alle drei Fraktionen kritisieren die gleiche Grundproblematik. Der Stadtrat setzt auf kurzfristig schöne Zahlen, blendet aber die strukturelle Schieflage aus. Gleichzeitig explodieren die Kosten – vor allem beim Personal sowie bei Bildung, Soziales und Pflege.
FDP: «Weiterhin negativer Ausblick»
Die FDP Winterthur macht deutlich: Der Überschuss ist eine Täuschung, die Probleme sind real. Ab 2027 drohen Defizite zwischen 40 und 65 Millionen Franken pro Jahr. Für die Liberalen ist klar: Es braucht ein Ende des „Aufblähens“ der Verwaltung. Investitionen sollen nur noch dort erfolgen, wo ein echter Mehrwert für Bevölkerung und Wirtschaft entsteht. Ziel: nachhaltige Finanzen, weniger Verschuldung – und langfristig tiefere Steuern.
Mitte/EDU: «No Future Budget»
Noch deutlicher in ihrer Wortwahl wird die Mitte/EDU-Fraktion: Sie spricht vom «No Future Budget» und wirft dem Stadtrat Perspektivlosigkeit vor. Besonders kritisiert sie, dass trotz stagnierender Bevölkerung von Wachstum geredet und gleichzeitig ein massives Stellenwachstum geplant wird. Zudem sei es eine Missachtung des Parlaments, dass Dienstleistungen und Honorare nach den Kürzungen im letzten Budgetprozess nun erst recht wieder um 15 Millionen Franken ansteigen. Auch der «Glaube an mehr Geld vom Kanton» sei ein gefährliches Spiel auf Zeit. Für die Mitte/EDU geht es darum, falsche Prioritäten – wie beim Veloparkhaus Paulstrasse oder dem Campingplatz – zu verhindern und eine zukunftsfähige Finanzplanung zu schaffen, die den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht wird.
SVP: Tiefrotes Betriebsergebnis im Budget der Stadt
Die SVP kritisiert die Budgetzahlen scharf: Der Stadtrat beantragt im Budget 2026 eine Kostensteigerung von knapp 5 Prozent, was zu einem betrieblichen Verlust von 26 Millionen Franken führt. Bereits im Budget 2025 hatte der Stadtrat einen Betriebsverlust von 7 Millionen Franken geplant, der nur durch eine pauschale Budgetkürzung des Parlaments auf Null gebracht werden konnte. Für 2026 sind zudem 75 neue Stellen vorgesehen, nachdem bereits für 2025 128 zusätzliche Stellen geplant waren. Laut SVP scheint Kostenmanagement beim Stadtrat weiterhin ein Fremdwort zu sein.
Positiv wird das Gesamtergebnis lediglich durch die Aufwertung der Liegenschaften im Finanzvermögen beeinflusst. Die SVP betont, dass der Zeitpunkt der Neubewertung kantonal geregelt war und daher vorhersehbar gewesen sei. Stadtparlamentarier Christian Hartmann kommentiert: «Die SVP kritisiert seit langem die Qualität der Budgetierung. Es ist unannehmbar, dass der Stadtrat beim letzten Budget mit einer Steuererhöhung gedroht hat, obwohl diese Aufwertung vorhersehbar war.»
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Kommentar schreiben25.09.2025 | Markus Wenger
22 Mio Verlust aus der operativen Tätigkeit ist schon etwas frech. Der Stadtrat delegiert den unangenehmen Teil seiner Aufgabe an das Parlament. Das geht so natürlich nicht. Zurück zum Absender mit dem Auftrag eines ausgeglichenen Budgets.
24.09.2025 | Ralph Peterli
Man kann den Buchgewinn auch als Funny Money bezeichnen. Ohne Verkauf der zugrunde liegenden Werte können mit diesen keine Rechnungen bezahlt werden. Umso wichtiger ist ein sorgsamer Umgang mit den Finanzen. Doch dies ist leider nicht festzustellen.
24.09.2025 | Bert Hofmänner
Ein gefährliches Budget. Die Buchgewinne (es fliesst kein einziger zusätzlicher Franken in die Kassen der Stadt) verstecken das strukturelle Defizit...