Forum Winterthur

12.06.2025
«Färben Drucken Trocknen»

Die neugegründete Stiftung Hänkiturm Aadorf lädt unter der Regie von Katharina Sulzer zu einer kompakten Ausstellung ein, welche an ein fast vergessenes Kapitel Textilgeschichte erinnert: Jene der Färbereien und Stoffdruckereien. Denn wer weiss heute noch, was unter Türkischrot zu verstehen ist? Im 19. Jahrhundert waren türkischrote Baumwollstoffe – uni oder kunstvoll bedruckt – die bekannteste Textilveredelung und überdies wichtiger Schweizer Exportartikel nach Europa und Übersee. Schauplatz der Ausstellung ist der Hänkiturm Aadorf.

Die Schau umfasst Stofferzeugnisse, Druckmodel, Werkzeuge aus dem Glarner Wirtschaftsarchiv, aus den Beständen des Museum kunst + wissen Diessenhofen und den Archiven des Greuterhofs Islikon und der ehemaligen Rotfärberei Aadorf. Abgerundet wird die Präsentation durch Werke des Aadorfer Künstlers und Mitkurators Donegel’ CHONG. 

Die Schau, welche bis zum 22. Juni dauert, wird durch Begleitveranstaltungen bereichert. So findet am Samstag, 21. Juni, ein Stoffdruck-Workshop statt, und am Sonntag, 22. Juni, inszenieren der Verein Frauenstadtrundgang Winterthur und die Pianistin Martina Frank eine Matinee mit szenischer Lesung und Klavierrezital. Im Zentrum stehen dabei die Briefe von Louise Sulzer-Steiner, Ehefrau des Firmengründers Johann Heinrich Sulzer, und derer Tochter Emilie an Sohn und Bruder Carl in London. 

1833 gründete Johann Heinrich Sulzer-Steiner die Rotfärberei in Aadorf. Das Gelände nahe der Kantonsgrenze eignete sich dank seiner Lage an der Lützelmurg hervorragend. Sein Sohn Heinrich Sulzer-Rieter (1830 – 1894) trat 1855 als Teilhaber ins väterliche Geschäft ein und modernisierte den Betrieb. 1868 wurde somit der Versuch gewagt, die Stoffe nicht nur zu färben, sondern auch mithilfe von Modeln zu bedrucken. Die so behandelten Tücher erhielten verschiedene internationale Auszeichnungen. Der Konkurrenzdruck durch englische Grossbetriebe, welche dazu übergegangen waren, die Stoffe anstelle des herkömmlichen Handdruckverfahrens mit Walzen zu bedrucken war gross. Der Konkurrenz der englischen Massenware fielen die meisten kleineren Schweizer Betriebe zum Opfer. Nur wer in Produktenischen flüchtete, konnte überleben: Spezialisten, die besonders schöne Modeldrucke anfertigten, wie sie nie mit der Walzen-Massenware zu erreichen waren. Die Moden und Stile veränderten sich fortwährend, die von Sulzer erworbenen Druckmodel entsprachen nicht den neusten Trends. Die politischen und wirtschaftlichen Wirren des Ersten Weltkrieges und der Nachkriegszeit taten ein Übriges. 1921 wurde die Druckerei und 1922 die Färberei eingestellt. Die Firma Sulzer wurde liquidiert und die Fabrikanlage 1936 abgebrochen. 

Übrig geblieben sind in Aadorf die Fabrikantenvilla Sulzerhof und der markante Hänkiturm (Tröckneturm). Dieser war im Jahr 1847 als Luft und Wärmehänge für die gefärbten Tücher errichtet worden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde im östlichen Teil des Gebäudes eine Orangerie eingerichtet, welche der Überwinterung der Topfpflanzen diente. Ende der Dreissigerjahre erhielt der Hänkiturm eine neue Bestimmung als Ökonomiegebäude für die Landwirtschaft. Seit den späten Neunzigerjahren beherbergt er ein Steinbildhaueratelier und unter dem Dach einen geräumigen Saal, der für Anlässe, Konzerte und Ausstellungen wie der aktuellen gemietet werden kann. Die Ausstellung bietet eine einmalige Gelegenheit, den Saal zu bestaunen und in die Rotfärberei-Geschichte einzutauchen.

Detaillierte Angaben unter https://haenkiturm.ch/

Text und Bild: Lucia Angela Cavegn

 

Hänkiturm
Sulzerhof 7
8355 Aadorf

Öffnungszeiten:
Donnerstag, Freitag und Samstag jeweils 16.00 bis 20.00 Uhr
Sonntags jeweils 11.00 bis 17.00 Uhr

kontakt@haenkiturm.ch
+41 79 256 70 27

Ausstellung Hänkiturm Aadorf

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