16.08.2022

Breit abgestützte Koalition ergreift Rekurse gegen die Einführung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen rund um die Altstadt

Nur zwei Wochen nach der Einreichung der Initiative «Freie Fahrt für den Bus- kein flächendeckendes Tempo 30» kommunizierte der Stadtrat fünf Verkehrsanordnungen zur Einführung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen rund um die Altstadt. Gegen diese Verkehrsanordnungen hat nun eine breit abgestützte Koalition aus Verbänden und Privatpersonen Rekurs beim Stadthalteramt eingereicht.

Am 24. Juni 2022 kommunizierte der Stadtrat die Verkehrsanordnungen zur Einführung vom Tempo 30 auf fünf Hauptverkehrsachsen rund um die Altstadt von Winterthur als Start für die flächendeckende Einführung von Tempo 30 in ganz Winterthur. Gegen sämtliche fünf Verkehrsanordnungen haben die City-Vereinigung Junge Altstadt, der KMU-Verband Region Winterthur, Winterthur agil-mobil mit seinen acht Mitgliedorganisationen sowie diverse direktbetroffene private Rekurrenten gemeinsam Rekurs beim Bezirksrat eingelegt.

Altstadt soll für alle Verkehrsteilnehmer gut erreichbar bleiben
Die Winterthurer Altstadt soll für die Anwohnenden, die BesucherInnen, KundInnen und für die Stadtlogistik zur Versorgung der Bevölkerung gut erreichbar sein. «Dies ermöglichen wir mit genügend und geeigneten Parkplätzen für alle Verkehrsteilnehmer sowie mit einem leistungsfähigen Gesamtverkehrsnetz – für den motorisierten Individualverkehr (MIV), den öffentlichen Verkehr und den Langsamverkehr» betont Christian Modl, Präsident Winterthur: agil-mobil. Derzeit drängt sich jedoch viel Verkehr um die Altstadt herum, welcher weder Quelle noch Ziel in der Altstadt hat. Dies ist die Folge der verfehlten Verkehrspolitik der letzten 20 Jahre. Statt die im städtischen Gesamtverkehrskonzept 2010 vorgesehenen und im Richtplan eingetragenen Erschliessungsstrasse Neuhegi-Grüze und die Zentrumsumfahrung von der Vogelsangstrasse bis ins Grüzefeld zur raschen Entlastung des «urbanen Zentrum Mitte» mit höchster Priorität umsetzen, wurde der Verkehr immer mehr auf die Spange rund um die Altstadt konzentriert. Und nun soll er dort durch Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen ausgebremst werden. Gleichzeitig trifft das geplante Tempo 30 aber auch den ÖV. Und hier setzt die grösste Kritik der Rekurrenten an.

Über ÖV-Initiative abstimmen, bevor Massnahmen ergriffen werden
Grundsätzlich wird in Frage gestellt, dass der Stadtrat die flächendeckende Einführung von Tempo 30 beschliessen kann, da ein solcher Beschluss einem generell-abstrakten Erlass einer Verkehrsregel gleichkommt, welche ausschliesslich in der Kompetenz des Bundes liegt. Für die Rekurrenten ist es absolut unverständlich, dass die Verkehrsanordnungen zu Tempo 30 rund um die Altstadt knapp zwei Wochen nach der Einreichung der Volksinitiative «Freie Fahrt für den Bus» beschlossen wurden. Die Bevölkerung, welche sich noch nie zur flächendeckenden Einführung von Tempo 30 äussern konnte, soll zuerst über die Vorlage abstimmen können, bevor solche Massnahmen ggf. umgesetzt würden. Konkrete Aussagen/Berechnungen zum Einfluss auf den ÖV oder den MIV werden in den Gutachten, auf welche sich die Anordnungen stützen, nicht gemacht. Entsprechend fehlen auch Aussagen zu den finanziellen Konsequenzen. Dass auf diesen Strassen wie behauptet heute schon nicht schneller gefahren wird, widerlegen die genannten Verkehrsgutachten.  

Fehlende Objektivität und Eignung der Gutachten
Auch fundierte Aussagen zu den Folgen für die Blaulichtorganisationen fehlen. Können die Einsatzorte immer noch wie vorgeschrieben innerhalb von 10 Minuten überall in der Stadt erreicht werden? Um wie viele Minuten verlängert sich die Anreise der freiwilligen Feuerwehr? Wenn nein, was wären die Konsequenzen? Ebenso fehlen Aussagen dazu, ob die geplanten Massnahmen verhältnismässig sind. Da praktisch alle betroffenen Strassen in den nächsten Jahren saniert werden müssen, fehlt z.B. eine kritische Auseinandersetzung darüber, ob die Lärmreduktion auch durch den Einbau von Flüsterbelägen erreicht werden könnte. Ob eine Firma, welche diverse weitere Projekte für die Stadt beurteilt, als unabhängig bezeichnet werden kann, wird in Frage gestellt. Dies insbesondere deshalb, weil die links-grüne Mehrheit im Stadtrat mit der Umsetzung von Tempo 30 ein Wahlversprechen umsetzt, das gemacht wurde, bevor die Gutachten erstellt wurden. Die Gründe für die Rekurse sind, je nach  betroffener Strecke, vielfältig. Die Einführung von Tempo 30 auf Quartierstrassen ist jedoch unbestritten. 

Es fehlt ein kohärentes Verkehrskonzept rund um die Altstadt
Der City-Vereinigung Junge Altstadt fehlt gemäss Bea Linder, Geschäftsführerin, beispielsweise ein Verkehrskonzept, das aufzeigt, wie unter den neuen Rahmenbedingungen den Bedürfnissen der Verkehrsteilnehmenden, z.B. der Anlieferung für das Gewerbe und die Zufahrt für die HandwerkerInnen in der Altstadt Rechnung getragen werden soll. Zudem fehlen heute schon Velo- und Motorrad-Abstellplätze. Aussagen, wo die zusätzlich erwarteten Velo- und MotorradfahrerInnen parkieren sollen, gibt es keine. Im Gegenteil – es werden laufend auch Veloparkplätze abgebaut.

Zuerst direkte Anbindung an Autobahn sichern
Christian Maier, Vorstandsmitglied KMU-Verband, erachtet Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen grundsätzlich als kontraproduktiv. Statt zu einer Entlastung würden die geplanten Massnahmen zu einer noch stärkeren Behinderung des Verkehrs und zu unnötigen Mehrkosten für das Gewerbe führen und damit auch für die Konsumentinnen und Konsumenten. Der KMU-Verband unterstützt deshalb den Rekurs gegen Tempo 30 und fordert stattdessen das Vorantreiben der im Gesamtverkehrskonzept vorgesehenen direkten Anbindungen an die Autobahn.

Die Rekurrenten engagieren sich für eine leistungsfähige und bedürfnisorientierte Gesamtmobilität, für Tempo 30 in Wohnquartieren und für Tempo 50 auf Hauptverkehrsachsen.

Winterthur: agil-mobil

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